Trinkverhalten genetisch beeinflusst
Biologie |
Beide Genvarianten sind in der Bevölkerung weit verbreitet, etwa jeder Fünfte bzw. jeder Zehnte weist diese Veränderung im Erbgut auf. "Interessant ist, dass beide CRHR1-Varianten nur einen sehr spezifischen Aspekt unseres Trinkverhaltens ansprechen", erklärt Professor Gunter Schumann, der am Institut für Psychiatrie des King' s College London und am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim tätig ist. Gemeinsam mit seinem Team untersuchte er 600 alkoholabhängige Menschen mit unterschiedlichem Trinkverhalten, darunter auch knapp 300 Jugendliche, die durchschnittlich im Alter von 13 Jahren erste Erfahrungen mit Alkohol machten.
Das CRHR1-Gen liefert die Bauanleitung für ein Protein, das bei der Verarbeitung von Stress eine Rolle spielt und wichtig ist, um Gefühle zu steuern. Gibt es also einen Zusammenhang zwischen Stressbewältigung und Trinkverhalten? "Wir konnten zeigen, dass Mäuse mit defektem CRHR1-Gen in Stresssituationen deutlich mehr Alkohol trinken als ihre Artgenossen", erläutert Professor Rainer Spanagel, der ebenfalls im Nationalen Genomforschungsnetz nach den Ursachen der Alkoholabhängigkeit fahndet. "Bei uns Menschen ist das vermutlich ähnlich. Wenn wir gegen den Stress nicht mehr ankämpfen können, trinken wir mehr Alkohol." Einiges spricht dafür, dass es neben den CRHR1-Varianten noch viele weitere Gene gibt, die, zusammen mit äußeren Faktoren, das Trinkverhalten beeinflussen. "Alkoholsucht wird zu 50 bis 60 Prozent vererbt", so Schumann. Das zeigen auch Untersuchungen an Kindern, deren leibliche Eltern Alkoholiker waren, die aber in Pflegefamilien ohne Alkoholmissbrauch aufgewachsen sind. Schumann: "Das Risiko, dass diese Kinder Alkoholiker werden, ist drei- bis viermal erhöht." Die Wissenschaftler hoffen, dass es bald möglich sein wird, gefährdeten Personen zu helfen, bevor sie alkoholkrank werden. Kennt man die genetischen Ursachen der Sucht, so birgt das darüber hinaus die Möglichkeit maßgeschneiderte medikamentöse Therapien für Alkoholiker zu entwickeln.
Die Ergebnisse der NGFN-Forscher wurden in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Molecular Psychiatry veröffentlicht.
Weitere Informationen: http://www.ngfn.de/
Quelle: http://www.idw-online.de